Nachdem wir von Almerimar bis Cartagena und dann mit neuen Ruderlagern zum Mar Menor gekommen waren, sollte nun die Überfahrt nach Ibiza folgen. Doch leider funktionierten plötzlich unsere Navigationslichter nicht mehr. Ohne die konnte eine Überfahrt (mit Nachtfahrt) nach Ibiza nicht stattfinden.
Früh am 9. August wachten Tom und ich auf. Wir waren etwas frustriert, als die Mokara gegen 8 Uhr aufbrach, um nach Ibiza (130 SM, 24 Stunden) zu segeln. Sehr schade fanden wir das, konnten aber auch verstehen, dass sie unbedingt den Wind mitnehmen wollten.
Also hieß es schnellstens das Problem mit den Navigationslichtern zu lösen. Glücklicherweise kennt Tom sich sehr gut mit Elektrik aus und gemeinsam maßen wir die vorne ankommenden Kabel. Es schien genug Strom anzukommen. Demnach musste die Lampe kaputt sein. Tom baute sie aus, während ich unsere KIRLANA zu einer kleinen Stadt am Mar Menor steuerte, wo wir einen Yachtausstatter zu finden hofften.
Kurz darauf meldete Tom, dass das Licht nicht kaputt sei. Er hatte es inzwischen an ein Kabel angeschlossen, von dem er genau wusste, dass es funktioniert.
Was war dann der Fehler?
Tom untersuchte erneut die Kabelverbindungen vorne im Bug und half mit Kontaktspray nach. Dies reichte aus, damit die Lichter wieder liefen. Maschinen stopp. Gemeinsam das Licht wieder anbringen. Dann los, hinter der Mokara her. Für all das hatten wir etwa eine Stunde gebraucht, so dass unser Schwesterschiff bereits hinter dem Horizont verschwunden war. Auf dem AIS konnte ich gerade noch deren Position sehen, bevor sie auch hier verschwanden. (Für Nicht-Segler: AIS ist ein allgemeines Identifikationssystem, das aber nur eine begrenzte Reichweite hat. Im Fall der Mokara ca. 4 SM) Die Richtung steuerte ich an, während Tom alles andere wieder in Ordnung brachte.
Auf nach Ibiza!
Mit etwa 5-6 Knoten fuhren wir unter Motor raus auf’s Meer. Wir beeilten uns…
Irgendwann konnten wir die Mokara am Horizont entdecken. Winzig klein war sie. Wir hielten weiter darauf zu und nach knapp zwei Stunden hatten wir sie fast eingeholt. Unter Segeln holten wir weiter auf. Wir hatten kräftigen Wind von hinten und nutzen immer wieder das Schmetterlingsegeln, um auf Kurs zu bleiben. Zwischendurch war es nötig zu Kreuzen. Lange fuhren wir auf etwa gleicher Höhe mit unserem Schwesternschiff. Doch ganz allmählich überholten wir die Mokara und ließen sie immer weiter hinter uns.
Im Laufe des Tages ging es vor allem Sarah immer schlechter. Unerwarteterweise litt sie Seekrankheit, was aber keinem wirklich klar war… Zum Abendessen gab es Kartoffelgratin. Das Kartoffeln schälen bei Seegang habe ich gerade eben geschafft. Nach dem Essen fiel ich mit Kiran, dem total übel vor Erschöpfung war, ins Bett. Glücklicherweise schlief Kiran fast augenblicklich ein, denn jetzt musste ich Solana ins Bett kriegen. Hier wollte ich richtig schlafen, nachdem mir das bei Kiran kaum gelungen war. Aber schon gegen 23 Uhr rief mich Tom. Der Wind kam ständig von hinten und auch wenn uns das gut voran brachte, war immer die Gefahr einer Patent-Halse (für Nicht-Segler: kräftiges und unkontrolliertes Umschlagen des Baumes von einer zur anderen Seite) gegeben.
Wir einigten uns darauf, dass einer von uns segelt, während der andere im Cockpit auf der Bank schläft. Mit Kissen und Decken polsterten wir uns die Bank aus. In der Dunkelheit trugen wir natürlich auch unsere Rettungswesten und später brauchten wir sogar Jacken.
Das Mondlicht war eine Hilfe, um die Segelstellung erkennen zu können. Nach einer Weile hatten wir uns an das Nachtsegeln gewöhnt und bei sternenklarem Himmel fuhren wir auf Ibiza zu.
Die Mokara tauchte zu Beginn immer wieder noch auf dem AIS auf, doch irgendwann hatten wir sie verloren. Später erfuhren wir, dass sie sich dem Wind angepasst und statt nach Ibiza nach Formentera gefahren waren. Der Wind stand besser dorthin, doch da wir uns für Ibiza verabredet hatten und auch Sarah und Ben dort ihren Rückflug nehmen wollten, hielten wir weiter auf Ibiza zu.
Ankunft auf Ibiza
Mit der aufgehenden Sonne erblickte ich schließlich die Küste von Ibiza. Ich war todmüde und wirklich gut ging es mir auch nicht. Obwohl ich sagen muss, dass ich mit der geringen Seeübelkeit ganz zufrieden bin. Ich hatte mit Schlimmerem gerechnet…
Schließlich übernahm Tom wieder das Steuer und auch Ben war wach. So konnte ich mich richtig ins Bett legen und etwas erholen.
Nun bemerkten wir auch, dass die Mokara auf Formentera war. Schade! Es sollte lange dauern, bis wir sie wiedersehen würden…
Oje…
Die erste Bucht auf Ibiza war schön. Rot-orange Steilhänge zu einem netten Ufer (Es Bol Nou). Wir waren das einzige Boot in der Bucht. Perfekt! Doch die Wellen waren so heftig, dass ein Anlanden mit Dinghi nicht wirklich möglich war. Bei dem Versuch Sarah an Land zu bringen, war ich aus dem Dinghi gesprungen und wollte helfen, es an den Strand zu bringen. Im selben Moment verbrannte eine Leuchtqualle meinen linken Oberarm. Es brannte höllisch, kann ich nur sagen! So schnell wie möglich kletterte ich wieder auf das Dinghi und wir brachen den Versuch ab.
Total übermüdet lichteten wir den Anker und fuhren eine Bucht weiter.
Auch in der neuen Bucht waren viele Wellen (Es Jondal). Wir waren alle sehr erschöpft und seekrank… Um uns herum lagen in erster Linie Superjachten und jede Menge Jetskis fuhren ihre schnellen Runden.
Nach einer Ruhezeit und gemeinsamem Schwimmen in dem klaren Wasser, versuchten wir zum Abend hin mit dem Dinghi an Land zu gehen. Die beste Stelle war ein kleiner Steg. Den liefen wir an. Klappte auch alles sehr gut. Erleichtert fragten wir im Restaurant nach einem Tisch. Müde und hungrig setzten wir uns. Ein Blick in die Karte übertraf unsere Erwartungen. Starter 22,-€ ! Wir hätten in unserer Verzweiflung wahrscheinlich sogar diese Preise gezahlt, aber uns sagte das Menü nicht wirklich zu.
Neuer Versuch
Also standen wir auf und suchten nach einem weiteren Restaurant. Zu Land war dies jedoch unglaublich weit weg und es war noch super heiß. Schnell fiel die Entscheidung, dass wir es trotz des starken Wellengangs mit dem Dinghi an den Strand wagen wollten.
Gesagt, getan. Am Strand war die Brandung noch stärker als erwartet. Ben sollte aussteigen, sobald wir nahe genug waren und das Dinghi etwas den Strand rauf ziehen. Wir schienen nah zu sein. Tom wollte Ben gerade sagen, dass er noch nicht raus soll, als Ben dachte „Jetzt“. Zack, sprang Ben über Bord… und weg war er!
Samt Mütze verschwand Ben in der Brandung. Dass er nass werden würde, damit hatte er gerechnet, aber nicht damit, dass er komplett untergehen würde…
Gemeinsam schafften wir es an den Strand, doch im Nachhinein muss man sagen, dass die ganze Aktion recht gefährlich war. Die Brandung war unglaublich stark. Das Dinghi rollte über Sarahs Fuß und auch alle anderen wurden fast umgeworfen.
Endlich an Land, aber alle klatschnass, liefen wir die paar Meter zum nächsten Restaurant. Auch hier fanden wir einen Tisch und die Preise waren besser (Spaghetti Bolognese 12,-€).
Das Essen war wirklich gut und wir kamen etwas zur Ruhe. Sarah gestand, dass sie zwischenzeitlich darüber nachgedacht hatte, in ein Hotel zu gehen…
Nach dem Essen machten wir uns auf, um mit dem Dinghi zurück zur KILRANA zu fahren. Am Strand beobachteten wir fünf erwachsene Männer, die mit vereinten Kräften ein Dinghi zurück ins Meer schoben. Die Brandung war weiterhin heftig. Wir besprachen, wie wir vorgehen wollten und schafften es tatsächlich gut ins Meer und an Bord zurück.
Todmüde sanken wir in unsere Kojen und schliefen erst einmal aus…
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Kurze Zusammenfassung der Überfahrt nach Ibiza:
etwa 130 SM in ziemlich genau 25 Stunden
- davon die ersten 2 und die letzten 3 Stunden komplett unter Motor
- 20 Stunden unter vollen Segeln (nur ca. 3 Stunden mit Motorunterstützung)
- unter Segel machten wir zwischen 5 und 6,5 Knoten Fahrt
- Wind von hinten, 10-20 Knoten
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August 2019
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Hallo ihr Reisenden,
es ist schön zu verfolgen, wie ihr euch in diese neue Welt hinein lebt. Wir sind vor einem Jahr mit unserer Lagoon380
(Baradal) gestartet und haben ebenfalls in Cartagena und Almerimar Station gemacht. Die Dichte an Erlebnissen ist einfach gigantisch.
Euch weiter viel Spass und Erfolg. Denkt mal über einen „Bullenstander“ nach.. Dann ist eine Patenthalse nicht mehr so schrecklich..
(PS von Spanien bis Ibiza sind es ca. 130 sm)
Liebe Grüße
Uli
Danke! Du hast natürlich recht mit den Seemeilen. Habe mich vertippt und werde es direkt ändern.
Bullenstander haben wir noch nie probiert. Ich werde mich erkundigen…
Liebe Grüße