Nach einer Pause und dem ersten Hafen seit unserem Aufbruch im Juli, ging es für uns weiter gen Westen. Noch wussten wir nicht, wo wir unser Boot für den Kurztrip nach Deutschland liegen lassen sollten. Ein Möglichkeit war, nach Almerimar zu fahren, eine andere, Häfen in der Nähe von Malaga zu nutzen. Aber noch lagen einige Seemeilen vor uns…
Eine lange und abenteuerliche Passage
Wir machten uns am 13. Oktober auf eine 24 Stunden Reise von Torre de la Horadada nach Almeria. 123 SM lagen vor uns. Der Wind sollte zwischen 10 und 25 Knoten von Raumwind nach Gegenwind drehen. Tja, das tatsächliche Wetter war mal wieder anders. Erst hatten wir gar keinen Wind und dann Wind von vorne. Erst in der Nacht kam er mit 6-15 Knoten von hinten (sehr entspannt mit Bullenstander) bis er dann gegen 6 Uhr morgens plötzlich mit 15-23 Knoten von vorne kam. Aber dazu später…
Spaßfaktoren
Wir hatten viel Spaß auf dieser Überfahrt. Tom ließ die Kinder mit dem Gennakerfall und dem Bootsmannstuhl an der Steuerbordseite runter. Ich bestand auf die Helme. Die Kinder hatten einen riesen Spaß, sich von der Bordwand abzustoßen und neben dem Schiff zu fliegen. Die Füße teilweise im Wasser baumelnd oder an der Bordwand entlanglaufend. Wir fuhren natürlich nur 2 Knoten. Es war für alle sehr aufregend!
Kiran over board Solana over board
Fischer und Delfine
Später kreuzten wir ein Fischerboot, das gerade dabei war Netze auszulegen. Er hupte uns an, damit wir warteten, bis die Netze hinab gesunken waren. Bei der Kreuzung der Netze, waren wir etwas nervös, aber kein Problem.
Nur wenig später begleiteten uns 5-6 gemeine Delfine. Leider war es wieder nur eine kurze Begegnung, aber wir hatten zufällig gerade die Kamera gestartet und die wunderbaren Tiere schwammen ein paar Minuten in unserer Bugwelle, bevor sie abbogen. Ich wünschte, wir würden ihnen öfter begegnen…
Was ist DAS ???
Unser letztes Erlebnis war brodelndes Wasser vor uns. Wir waren etwas irritiert, da Kiran und ich dies nur von jagenden Gemeinschaften, bestehend aus Delfinen und Walen, kannten. Hier schwimmen Delfingruppe immer wieder um einen Schwarm Fische, so dass diese einen Kreis bilden, an dessen Oberfläche sie teilweise herausspringen. Dies lockt Vögel an, die sich an der Jagd beteiligen. Und schließlich taucht ein riesiger Wal von unten auf und verschluckt einen Teil des Fischschwarms… So die Doku, die wir mal gesehen haben. Jetzt war die Frage: Findet eine solche Jagd vor uns statt????
Nein, natürlich nicht. Denn es gibt zwar Wale im Mittelmeer, aber nicht diese großen. Wir wagten uns mitten hinein. Mit dem Sonar erkannten wir, dass hier eine Untiefe von etwa 3-5m war und dass sich hier verschiedene Fischarten jagten. Vögel jagten von oben. Also schon eine ähnliche Situation wie in der Doku, nur ohne Wale und Delfine.
Dieses Phänomen beobachteten wir noch zwei Mal auf unserem Weg und obwohl wir mitten durch große Fischschwärme segelten, fingen wir keinen einzigen Fisch.
Sturm – und kein Hafen in Sicht!
Ok, zurück zum frühen Morgen des 14. Oktober. Wir waren inzwischen in die Bucht von Almeria vorgedrungen und ab hier blies uns ein kräftiger Wind entgegen. Noch heftiger war die Welle. Die Wellen brachten uns immer wieder vom Kurs ab, wenn wir nicht schnell genug fuhren. Aber wenn wir schnell fuhren, gab es viele ruckartige Bewegungen. Tom wollte eigentlich schlafen und es war meine Wachzeit, aber so ging das nicht. Gegen 7 Uhr rief ich in Almeria an. Vorher war alles geschlossen. Ich erwartete eine Bestätigung, dass wir einen Platz im Hafen hätten, doch die Dame am Telefon erklärte, die Marina sei voll. Ich sollte es in Aguadulce oder Roquetas de Mar versuchen. In Aguadulce hatte der Hafen noch bis 9 Uhr zu. Das war also keine Option, da der Wind bereits jetzt deutlich stärker war, als angekündigt. In Roquetas wurde mir gesagt, dass nichts frei sei.
Welche Alternativen hatten wir? Eigentlich keine. Der vorhergesagte Wind sorgte dafür, dass wir innerhalb der großen Bucht von Almeria keine einzige geschützte Bucht zum Ankern finden würden. Und das Wetter sollte sich mehrere Tage so halten. Wir hätten zurückfahren können, aber das wäre nur im äußersten Notfall sinnvoll gewesen.
Also rief ich noch mal in Almeria an. Egal, was wir nun tun würde, wir würden mehr Diesel brauchen. Zur Sicherheit… Ich wollte fragen, ob wir dort in Almeria tanken könnten und ob wir irgendwo warten könnten, falls noch was frei werden würde. Toms Plan war, unter Umständen einfach die Tankstelle zu blockieren und dort zu bleiben, während es draußen stürmt. Die Dame am Telefon war sehr nett und sagte, wir könnten zum Tanken kommen und ich solle noch mal durchfunken, wenn wir einlaufen würden. Gesagt getan. Während wir in den Hafen einfuhren, funkte ich. Die Dame sagte, wir könnten direkt nach der Einfahrt rechts anlegen. Dort sei ein Wartekai und ein Marinero würde auf uns warten. Wir waren sehr erleichtert! Der Marinero fixierte KIRLANA professionell seitlich am Kai und wir waren sicher. Wenig später konnten wir etwa 43 Knoten Wind messen. Wohlgemerkt hinter der Mauer. Tom und ich waren fix und fertig. Nicht von der eigentlichen Überfahrt, sondern von den letztem 2 Stunden gegen den Wind und mit der Aussicht, keinen sicheren Hafen zu finden.
Ruhe im Sturm
Erneut genossen die Kinder den Steg mit Zugang zum Wasser. Sie sammelten wieder Krabben und kleine Fische. Außerdem bauten sie sich eine Art Höhle an einer Treppe.
Die e-Scooter waren wie schon so oft das perfekte Transportmittel. Wir fuhren mehrfach nach Almeria und erkundeten die Stadt. Direkt am Hafen befindet sich schon zwei Sehenswürdigkeiten. Weithin sichtbar ist eine alte Anlage, die aussieht wie eine abgebrochene Brücke – El Cable Inglés. Sie ist aber keine wirkliche Brücke, sondern stammt aus dem Industriezeitalter und diente ab 1904 der Verladung von Erzen auf Handelsschiffe. Die wurden mit einem Zug diese „Brücke“ hinaufgefahren. In der Stadt gibt Obelisken und schöne Brunnen. Außerdem natürlich eine große Kathedrale, nette öffentliche Plätze und Strände. An vielen Stellen konnte man äußerst schöne und kreative Graffiti bestaunen. Ein Highlight war die Burg Alcazaba. Der Besuch dort ist kostenlos und man bekommt sogar einen Plan der Festung. Der Ausblick war fantastisch. Nach unserem Besuch gingen wir in einer winzigen Gasse in eine Teestube namens Almedina. Sehr urig und machte mir Vorfreude auf Marokko. Tom war etwas überfordert. Kein Bier, weil nicht halal. Die Speisen kamen in ungewöhnlicher Reihenfolge, waren aber super lecker!
Ein weiteres kleines Highlight war der Nachbau einer spanischen Galeere, die in den Hafen von Almeria einlief. Das Schiff sieht sehr echt aus und ließ sogar Kanonenschüsse hören.
Back to the roots – Zeit zur Weiterreise
Am 18. Oktober war unsere Zeit in Almeria zu Ende. Wir hatten zwar noch für zwei weitere Tage bezahlt, aber vom Wind her war es günstiger jetzt weiter zu reisen. Ausnahmsweise kam er mal wieder aus Osten. Eigentlich hatten wir bis Malaga bzw. nach Benalmadena gewollt, doch so gut war der Wind nicht und auch in den nächsten Tagen sollte wieder Wind aus Westen (also gegen uns) kommen. Wir hatten daher entschieden an unseren Ausgangspunkt nach Almerimar zurückzukehren. Ein weiterer Pluspunkt für Almerimar war, dass zu diesem Zeitpunkt viele Familien im Hafen lagen.
Manöverübungen auf dem Weg nach Almerimar
Von Almeria nach Almerimar sind es nur 22 SM, doch wir brauchten knapp 5 Stunden. Wir ließen es gemütlich angehen, zumal wir wieder einmal Gegenwind (nur 5-12 Knoten) hatten. Zum ersten Mal übten wir mit der KIRLANA Rettungsmanöver zu fahren. (Im Herbst hatten wir es in Griechenland auf der Charter Lagoon geübt!) Wir hatten schon öfter daran gedacht, aber eigentlich waren wir immer etwas in Eile… Jetzt hatten wir Zeit und übten mehrere Male, einen über Bord geworfenen Fender einzusammeln. Ein Fischer, der langsam auf uns zu kam, muss uns für bescheuert gehalten haben, so oft fuhren wir hin und her und im Kreis herum. Beim ersten Versuch hat es bei mir ewig gedauert. Ich habe nahezu alles falsch gemacht und bin einfach nicht rangekommen. Das kommt davon, wenn man das Boot selber so selten steuert. Tom stellte sich geschickter an. Eigentlich sollte Solana den Fender erst wieder rauswerfen, wenn ich von der Toilette zurück war, aber dort hörte ich schon ein kindliches „Fender über Bord!“. Als ich ein weiteres Mal an der Reihe war, gelang es mir schnell, den Fender wieder einzusammeln. Aber es gibt noch viel zu verbessern! Vor allem kamen wir nicht mit dem dauerhaften Anzeigen des Fenders (durch die Kinder) und die MOB (Mensch über Bord) Taste an unserem Navigationsinstrument klar. Die Kinder waren nicht konzentriert, ist ja auch keine echte Notsituation, und die Taste ist nicht einfach aufzurufen. Ich denke, wir werden das noch mal üben…
Auch hatten wir bei den Manövern festgestellt, dass einige Rettungsvorrichtungen nicht sinnvoll an Bord angebracht sind. Das müssen wir umbauen.
Homeschooling an Bord
Etwas weiter Richtung Almerimar saßen die Kinder auf dem Trampolin und genossen die Fahrt durch das Wasser. Da entdeckten sie eine große Qualle, die uns auf unserer bisherigen Reise noch nicht begegnet war. Schnell holten sie ihre beiden Fachbücher nach vorne und schlugen nach, welche Qualle sie da gerade gesehen hatten. Außerdem hielten sie natürlich nach weiteren Exemplaren Ausschau. Es war faszinierend zu sehen, wie selbstständig und konzentriert sie gemeinsam an dieser Sache arbeiteten.
Ankunft in Almerimar
Wir planten, dass ich in den Hafen einfahren und an der Tankstelle anlegen würde. Wir hatten in Almeria letztendlich gar nicht getankt, da es dort sehr eng war. Wir hatten in Almerimar einen Platz reserviert, wussten aber nicht genau wohin. Daher mussten wir eh am Hafenturm anlegen. Ich freute mich schon sehr auf diese Übung. In die Box wollte Tom anschließend selber fahren, da die Mooringleinen in Almerimar nicht optimal sind und schnell mal in die Propeller geraten. Doch als wir an den Turm heranfuhren, winkte uns schon Fumi, einer aus dem Hafenbüro, zu, dass wir den gleichen Platz hätten, wie von April bis zum Sommer. Wir dankten und Tom übernahm das Steuer. Wie vorhergesehen, war das Anglegemanöver nicht so einfach, aber wir schafften es ohne Schramme oder Leinen im Propeller. Ein Marinero-Boot kam noch und legte uns tauchend eine neue Mooringleine, da an diesem Platz wohl nur noch eine vorhanden war. Das war interessant zu beobachten.
Am Pontoon halfen direkt einige Segler beim Leinen annehmen und Hinweise geben.
Auch, wenn nie geplant war, dass wir wieder hierher kommen würden, so was es doch ein wenig wie nach Hause kommen. Tom buchte den Liegeplatz bis zum 30. Oktober, was zwei Tage nach unserer Rückkehr aus Deutschland sein würde.
Hafenfeeling
Dann richteten wir uns im Hafen ein. Die Kinder spielten mit den Kindern der Duesouth (aus Neuseeland, 4 Jungs), der Yurt (aus den USA, 3 Jungs) und der L’Alchimiste (aus französisch Kanada, 2 Mädchen, 1 Junge).
Drei Tage blieben wir in Almerimar, die Kinder spielten miteinander auf dem Pontoon oder am Strand und wir Erwachsenen kümmerten uns um die Boote oder trafen uns abends zu Wein, Bier und Gesprächen.
Am 20. Oktober machten wir trotz Wind einen Ausflug und fuhren mit dem Mietwagen zur alten Festung Guardias Viejas. Dort sind unter anderem alte Schusswaffen ausgestellt.
Interessant zu sehen…
+++
Von unserem Aufenthalt in Deutschland und dem Winterbeginn an Bord, kannst du im nächsten Artikel lesen.
Es bleibt spannend.
+++
Text von Dezember 2019
Follow us: