Festland

Am 6. Oktober wollten wir uns von den Balearen zurück auf den Weg ans spanische Festland machen. Nach vielen Überlegungen, wo wir den Winter verbringen sollten, hatten wir uns dazu entschieden, umzukehren, um auf die Kanaren zu fahren. Sie würden uns die Option bieten, vielleicht doch den Sprung über den Atlantik und in die Karibik zu wagen. So gut wie alle Boote, die wir im Sommer getroffen hatten, waren bereits auf dem Weg in diese Richtung. Sollten wir nicht den Ozean überqueren, wären wir immerhin in einer warmen Gegend… Wir waren nicht sicher, was das Richtige für uns ist, aber eine Entscheidung musste her.

Es war aufregend, erstmals im Dunkeln aufzubrechen. Wir fuhren die 73 SM bis nach Cala Tarida auf Ibiza durchgängig unter Motor, da kaum Wind war. Wir hatten unsere Freunde aus Deutschland zum Taxi gebracht und nun ging es um 6.30 Uhr los.

Zwei spannende Situationen hatten wir unterwegs.

Einmal entdeckten wir einen Felsen mit großem Loch nahe der Küste. Tom ließ das Dinghi mitten auf See runter und fuhr mit den Kindern hindurch. Ich hielt KIRLANA auf Position. Anschließend zogen wir das Dinghi wieder rauf und fuhren weiter. Dann waren wir bei einer Engstelle nicht sicher, ob sie für Boote passierbar ist. Eine Engstelle daneben war als nicht passierbar gekennzeichnet, doch über die große war nichts zu finden. Sie bedeutete eine große Abkürzung und wir fuhren darauf zu. Immer das Fernglas in der Hand, um zu überprüfen, ob andere Boote hindurch fuhren. Tatsächlich sahen wir ein kleines Speedboot und eine Fähre, die die Engstelle nutzten. Wir wollte es riskieren.
Langsam schoben wir uns hindurch. Auf der anderen Seite wartete ein Segelboot auf unsere Passage, bevor sie es ebenfalls wagten. Keine Ahnung, wie tief es dort wirklich war und welcher Untergrund. Wir konnten trotz größter Beobachtung nicht erkennen…

Durch das Felsenloch

Durch die Untiefe

Schließlich erreichten wir gegen 18:30 Uhr die Bucht und ankerten auf 5,5m in Sand. Abends fuhren wir zum Restaurant an Land. Dann ging es früh ins Bett. Wir waren ziemlich müde.

Auf zum Festland!

Leaving Ibiza

Am Morgen des 7. Oktober standen Tom und ich wieder früh auf, um bei Sonnenaufgang loszufahren. Bei 20-25 Knoten achterlichem Wind (= von hinten) wollten wir von Ibiza nach Calpe am spanischen Festland (Costa Blanca) segeln. Wir brauchten für die 60 SM gute 9 Stunden. Der Wind kam wie vorhergesagt und wir kamen gut voran. Die Wellen waren zunehmend hoch. Eine Einschätzung der Höhe fällt mir schwer. Vielleicht so 5m hohe Wellen…

So viel Wind hatten wir bisher selten gehabt, daher schauten wir noch mal nach, wann man reffen sollte. (Für Nicht-Segler: Reffen bedeutet, die Segelfläche zu verkleinern, indem man das Segel etwas runterlässt und es an den vorgesehenen Stellen fixiert. Wir haben zwei Reffs in unserem Großsegel, also zwei Möglichkeiten, die Segelfläche zu verkleinern.) Wer weiß, was da für Böen sein würden. Wir entschieden uns, das Groß ins erste Reff zu nehmen. Dazu mussten wir fast um 180° drehen, um in den Wind zu kommen. Wir hatten ja (noch) keinen Bullenstander, um es sicher im achterlichen Wind zu versuchen. Es war jedenfalls ziemlich schwierig, das Segel zu reffen und es war am Ende nicht ideal, aber ok. Ach ja, vermutlich hatten wir doch mehr Wind, als 25 Knoten, denn beim in den Winddrehen ging die Anzeige deutlich nach oben. Das nennt man dann wohl Erfahrungen mit dem scheinbaren und dem wahren Wind…

Überfahrt_unspektakulär im Video, aufregend in echt

Geschwindigkeitsanzeige

Es war dennoch eine angenehme Fahrt, da wir wenig machen mussten. Ich saß viel am Steuerstand und habe gelesen, während ich alle paar Minuten Segelstellung und die Umgebung checkte.

Am Festland kamen wir tatsächlich bei Calpe an und ankerten in der Nähe der Hafeneinfahrt auf 4,6m. Direkt nach uns liefen 4 oder 5 Fischerboote in den Hafen ein. Tom war neugierig und so fuhren er und die Kinder mit dem Dinghi an Land. Außerdem machte unser Außenborder immer mehr Zicken und wir hofften auf einen guten Chandler oder Mechaniker. Ich genoss die Ruhe an Bord und telefonierte mit meinem Vater.
Als Tom und die Kinder zurückkamen, brachten sie ein Stück Schwertfisch mit. Sie hatten spontan die Fischauktion im Hafen besucht. Spannend! Und Schwertfisch ist super lecker!

Nach dem Essen sind wir noch einmal gemeinsam in den Hafen gefahren. In einem Schuhladen fanden wir neue Sandalen für Kiran, dessen Schuhe dabei waren, auseinander zu fallen. Auch Solana fand neue Sandalen. Bei einem kleinen Spaziergang sorgte Kiran noch für einen Beinahe-Unfall, als er eine hohe Mauer wie Spiderman hinauf stieg und eine Rollerfahrerin, überrascht davon, fast in ein Auto fuhr.

Wir eilen weiter am Festland entlang

Eigentlich hatten wir überlegt am nächsten Tag den Felsen von Calpe zu besteigen, aber irgendwie fühlten wir (oder vielleicht doch nur ich?) uns gehetzt. Alle anderen Boote (mit Familien), mit denen wir in Kontakt waren, sausten mit dem guten Wind in Richtung Gibraltar und Kanaren. Wir bekamen das Gefühl, dass wir spät dran seien…

Also fuhren wir am 8. Oktober zeitig wieder los, entlang am spanischen Festland Richtung Süd-Westen. Die Kinder waren etwas enttäuscht; auch weil im Hafen Katzen gewesen waren. Ich glaube, diesen Planungsfehler haben wir schon öfter gemacht. Es fällt uns manchmal sehr schwer, zu entscheiden, wann wir wohin segeln wollen. Das liegt sicher vor allem daran, dass wir keinen Masterplan haben und uns auch nicht auf die Wettervorhersagen verlassen können. Und dann entscheiden wir oft relativ spontan und die Kinder bekommen das nicht immer mit. Müssen wir dran arbeiten…

Skyline

Jedenfalls war für diesen Tag der Plan einen Zwischenstopp in Benidorm zu machen, um die dortige Skyline zu „bewundern“. Die 13 SM mussten wir motoren, da kaum Wind war.
Wir ankerten vor der Badezone und die Kinder fuhren mit dem Stand-up Bord zum Strand und bauten eine Sandburg. Tom und ich stressten uns damit, einen Flug nach Deutschland zu buchen. Auch das war spontan und wir ärgerten uns, nicht noch spontaner am Abend zuvor gebucht zu haben, weil die Flüge plötzlich dreimal so teuer waren…
Als wir endlich gebucht hatten, kam die Coast Guard vorbei und informierte uns, wir seien zu nah am Strand. Somit riefen wir lautstark nach den Kindern, die uns nicht hörten. Einige nette spanische Strandbesucher machten die Kinder auf uns aufmerksam. Sie hatten vorher wohl beobachtete, wie Kiran und Solana mit ihrem Bord angekommen waren.

Als die Kinder an Bord waren, ging es kreuzend unter vollen Segeln und mit Motorunterstützung bei 15-22 Knoten Wind noch mal 24 SM bis nach Alicante. Hier ankerten wir auf 3,5m Tiefe. Vermutlich Sand, aber das konnten wir nicht genau erkennen, weil es viel Welle gab. Bei 30m Kette hatten wir eine ruhige Nacht.

Am Steuerstand

Alicante – spanisches Festland

Trotz der starken Wellen gingen wir am Abend mit dem Dinghi an Land. Wir hatten wieder einmal Schwierigkeiten anzulanden (und später abzulegen), aber das sind wir ja inzwischen gewöhnt. Direkt auf der anderen Straßenseite befand sich der Eingang zur Burg Castell de Santa Barbara. Wir fuhren mit dem Aufzug hinauf und hatten einen fantastischen Ausblick. Wie immer suchten wir von oben unsere KILRANA. Als wir sie gefunden hatten, staunten wir nicht schlecht. Da war ein Mann auf unserem Boot! Er stieg über die Badeleiter ein und machte Kopfsprünge ins Wasser. Immer wieder und wieder ging er auf unser Boot. Wir schauten fassungslos zu.

Am liebsten wären wir hingerannt, aber bis wir mit dem Aufzug nach unten, dann über die vielbefahrene Straße, den Strand und mit dem Dinghi gegen die Wellen dort angekommen wären, wäre der Mann sicher schon weggewesen. Es hat uns etwas die Entspannung genommen, aber wir schauten uns noch den Rest der Burg an und gingen dann erst zurück. Am Boot war nichts zu sehen. Alles gut. Aber wir haben daraus gelernt und werden in Zukunft nicht mehr so nah an einer Badezone ankern!

Am 9. Oktober war wieder mal mehr Homeschooling angesagt. Später gingen wir schwimmen und gegen frühen Abend legten wir mit dem Dinghi in einer Segelschule an. Von dort aus fuhren wir mit den Scootern in die Innenstadt von Alicante. Da es am Hafen einen (Fashion) Markt gab, bummelten wir hier etwas und genossen die Zeit zusammen. Ich telefonierte mit meiner Freundin Verena, die uns eigentlich besuchen wollte. Dummerweise wollen die meisten Freunde kommen, wenn wir gerade in einer Art Überführungsphase stecken. Auf den Balearen wäre alles soviel einfacher gewesen… Verena wollte eigentlich mit Beginn der Herbstferien kommen, doch als endlich klar war, wohin sie kommen könnte (und von wo aus wieder zurück), waren die Preise in die Höhe geschossen. Da unser Landurlaub bevorstand, entschieden wir schließlich, dass sie nicht kommen würde. Hoffentlich klappt es zu einem anderen Zeitpunkt.

Mitten in der Stadt entdeckten wir einen wundervollen Platz mit alten Gummibäumen. Es gab Hinweistafeln, die erklärten, dass Gummibäume bis zu 500 Jahre alt werden. Es steht unter Strafe, auf einen dieser alten Bäume zu klettern. Haha, versuche mal Kiran abzuhalten. 😉 Nach einem Picknick an diesem Platz ging es zurück an Bord. Morgen sollte es weitergehen.

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Nächstes Ziel am Festland: Der winzige Hafen Torre de la Horadada

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Text von November 2019

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