Wir waren nun schon viele Wochen auf Mallorca. Nach unserer Zeit mit Jens waren wir in der Bucht Es Trenc, aber nun wollten wir Jens nach S’Arenal folgen und unsere Umrundung von Mallorca fortsetzen.
Am 27. September wollten wir wieder einmal den Anker lichten. Tom musste jedoch morgens noch arbeiten und die Kinder und ich machten Homeschooling. Gegen 14 Uhr machten wir uns schließlich auf den Weg. Tom fuhr mit dem Dinghi und den Kindern hinten dran auf dem Stand-up Bord vor. Ich sollte mit KIRLANA folgen. Keine gute Idee… Wie so häufig hatten Tom und ich Kommunikationsschwierigkeiten und ich fuhr mit KIRLANA beinahe über Tom und die Kinder drüber. Es ging aber alles gut…
Anlegemanöver zum Tanken
Als Tom, die Kinder und das Dinghi an Bord waren, fuhren wir die wenigen Meilen bis nach S’Estanyol um zu tanken. Ich war noch ziemlich erschüttert von unserer Kollisionserfahrung, doch meine neue Lernaufgabe war jetzt, an der Tankstellen seitlich anzulegen.
Tom und ich besprachen das Manöver und die Eventualitäten. Dann fuhr ich in die winzige Hafeneinfahrt ein. Das Manöver gelang vorbildlich und wir tankten 106 Liter Diesel für 143,- Euro. Das Ablegemanöver gelang ebenfalls genauso gut. Wir hatten auch hier zuvor besprochen, wie ich vorgehen sollte.
Lernaufgabe erfolgreich absolviert. 🙂 Jetzt muss ich das nur noch öfter machen…
Wieder ist was kaputt!
In sicherem Abstand zum Hafen begannen wir, die Segel zu setzen. Ich kann mich nicht mehr erinnern, warum, aber wir mussten das Großsegel nach dem ersten Hochziehen wieder runterlassen. Dabei entdeckten wir, dass das Großfall (= die Leine, mit der man das große Segel hochzieht) eine große Bruchstelle hatte. Es war noch nicht ganz gerissen, aber es würde nicht mehr lange dauern. So konnten wir das Segel nicht mehr nutzen!
Wir würden einen Yachtausrüster suchen müssen, um eine neue Leine zu kaufen und dann auf den Mast steigen, um die alte Leine auszutauschen.
Bei perfektem Segelwind mussten wir nun motoren.
Eigentlich wollten wir in einer Bucht namens Cala Vella ankern, doch die war winzig, ohne jeglichen Schutz und besaß absolut keine Infrastruktur. Nur die Felsen waren interessant, da sie zum Bau der Kathedrale in Palma hier abgebaut wurden und tatsächlich genau so aussehen.
Spontan entschieden wir, zu Jens weiterzufahren, der mit seiner iCut neben dem Hafen Club Nautico Arenal lag. Nun mussten wir uns etwas beeilen, um noch vor der Dunkelheit anzukommen.
S’Arenal
Bei der Ansteuerung von S’Arenal kam uns ein großer Delfin entgegen. Wir waren sehr begeistert und freuten uns riesig! Leider hatten wir noch nicht viele Delfine gesichtet…
Nach insgesamt 21 SM ankerten wir gegen 19 Uhr bei 3,7m Tiefe neben Jens auf Sand.
Austausch des Großfalls
Am 28. und 29. September machten wir uns an die Reparatur bzw. den Austausch unseres Großfalls. Das passende Seil hatten wir bei einem Yachtausrüster in S’Arenal bekommen.
Da ich die Höhe nicht so mag, wollte Tom auf den Mast. Doch es war zu windig und für Kiran und mich war es schwierig, Tom den Mast hochzuziehen. Bei dem Versuch erkannten wir, dass wir Maststufen haben, doch eine Nutzung ist unmöglich. Beim ersten Versuch brachen gleich zwei Stufen ab und fielen auf’s Deck hinunter. Glücklicherweise hatten sie nichts kaputt gemacht und auch niemanden getroffen! So ging das nicht…
Also sollte ich am nächsten Morgen hoch. Gesichert im Maststuhl, über die Dirk (=Leine, die den Baum hält) und das Gennakerfall, und ausgerüstet mit Werkzeug wurde ich am Mast entlang hochgezogen. Ich hatte ein kurzes Seil dabei, das ich um den Mast legte, damit ich nicht irgendwo weit weg herum baumeln würde. Das klappte recht gut, doch immer wieder musste ich es lösen, wenn Stagen im Weg waren. Es war nicht ganz einfach, bis ganz nach oben zu kommen, da das Gennakerfall ein Stück unterhalb endet. Ich würde also über meinem Kopf arbeiten müssen. Oben angekommen, schnitt ich das alte Großfall mit einem Teppichmesser durch und ließ es runterfallen. Dann zog ich das neue Großfall hoch und durch den Schäkel. Nun musste ich über meinem Kopf einen Palsteg machen, während ich mit dem Mast hin und her schaukelte.
Das wackelt!!!
Es war zwar kaum Wind, aber es gab immer noch einige Wellen und Boote, die dicht an unserer KIRLANA vorbeifuhren. Auch Kirans Kreise mit dem Dinghi zum Filmen und Fotografieren waren nicht hilfreich. Tom meinte später, ich hätte geflucht, wie bei den Geburten… Irgendwann hatte ich den Knoten fertig. Jetzt musste ich den nur noch fixieren. Der alte Knoten wirkte sowohl geklebt als auch genäht. Wie sollte ich das da oben machen? Tom transportierte mir unsere Nadel nach oben, doch das würde nie klappen! Ich nutzte aber das stabile Segeltuchgarn, um es um das Knotenende zu wickeln und am Knoten zu fixieren. Dann nahm ich mehrere Kabelbinder und band sie ebenfalls darum. So sollte der Knoten halten. Es ist ja auch nur eine zusätzliche Sicherheitsmaßnahme, da der Palsteg an sich eigentlich ausreicht. (Im Nachhinein sahen wir, dass der alte Knoten „nur“ genäht und nicht geklebt war.) Nachdem das Großfall installiert war, inspizierte ich die Antennenbox oben auf dem Mast. Sie hatte sich zuletzt gedreht und wir hatten Angst, dass sie runterfallen könnte. Ich konnte leider nicht von oben drauf schauen, da ich ha unterhalb hing, aber ich tastete sie vollständig ab und hatte keine Chance irgendwelche Schrauben anzuziehen oder ähnliches. Die Befestigung scheint innen zu liegen. Auch wirkte die Box nicht, als könnte sie abfallen. Ich machte schnell ein paar Fotos von unserer Situation hier vor S’Arenal, dann ging es für mich wieder nach unten. An Deck angekommen, war ich schweißgebadet und konnte kaum stehen vor Erschöpfung. Doch ich hatte es geschafft! Zur Erinnerung blieben mir noch mehrere Tage heftiger Muskelkater. 😉
Inzwischen haben wir das Groß erfolgreich und mehrfach genutzt. Die Drehung, die sich anfangs im Seil befand, haben wir nach und nach entfernen können und das Großfall funktioniert einwandfrei.
Ruhe…
Obwohl wir ursprünglich früher wieder zurück nach Ibiza reisen wollten, blieben wir letztlich bis zum 3. Oktober an diesem wunderbaren Ankerplatz vor S’Arenal. Es lagen inzwischen fast 630 SM hinter uns und es tat irgendwie gut, mal ein paar Tage auszuruhen.
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Wir hatten lange überlegt, wie und wo wir den Winter verbringen wollen. Auch die Entfernungen schauten wir uns an. Da wir ewig für die Balearen gebraucht hatten, waren sowohl Türkei/Kreta/Zypern als auch die Kanaren ziemlich weit weg. Und dies erschienen uns die besten und wärmsten Ziele für den Winter. Unser Gefühl stand gegen den Osten, obwohl wir ja eigentlich nach Griechenland wollten. Aber unser Herz schlug auch für die Kanaren, die uns die Option bieten würden, doch den Sprung über den Atlantik und in die Karibik zu wagen. So gut wie alle Boote, die wir im Sommer getroffen hatten, waren bereits auf dem Weg in diese Richtung. Unsicher, was richtig wäre, entschieden wir uns schließlich, umzukehren und zu den Kanaren zu fahren. Sollten wir nicht den Ozean überqueren, wären wir immerhin in einer warmen Gegend. So unsere Gedanken…
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Text von November 2019
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